Wer unschön klingt braucht vielleicht einen anderen Dirigenten.

Eigentlich möchte ich hier heute am liebsten über ein Thema schreiben, welches mir persönlich sehr am Herzen liegt, aber auch überaus persönlich ist. Der Ton spielt die Musik!

 

 

In meinem Umfeld und auch bei mir zu Hause habe ich beobachtet, dass viele Paare nicht immer liebevoll miteinander umgehen. Im Laufe des Tages und im Laufe eines Lebens kommt soviel Ballast zusammen, soviel Ärger, Frust, Unausgesprochenes und soviel das-sollte-aber-eigentlich-anders-laufen. Soviel "soviel", dass es einfach irgendwann explodiert. Dass JEMAND einfach überschäumt. Das DU einfach außer dir bist vor Wut und Frust. Zu oft habe ich beobachtet, dass genau diese Wut dann an der Person ausgelassen wird, mit der du die meiste Zeit verbringst. Manchmal sind es Chefs, die ihre Angestellten anpflaumen, oft sind es aber Eltern die ihre Kinder anmauzen oder eben Frauen, die ihre Männer anmeckern oder auch umgekehrt. Ich würde sagen in 85 Prozent der Fälle liegt der Unmut nicht in der Situation an sich, sondern in etwas anderem, was einen den Tag über geärgert hat oder in etwas Grundlegendem.

Ich muss leider sagen, dass ich in meiner Kindheit oft in meinem nahen Umfeld diesen unschönen und für mich respektlosen Umgang mit anderen Mitmenschen gesehen habe. Vielleicht ist es deshalb oft in mir drin? Mir ist klar, das ist kein Grund genauso zu handeln und ich möchte das schon lange nicht mehr. Ich lasse mir seit einem Jahr professionell helfen. Ich finde das ist nichts wofür man sich schämen braucht. Ich finde man sollte sich eher fragen warum man sich nicht helfen lässt, wenn man Probleme hat. Mit Sicherheit gibt es Paare, bei denen es schlimmer läuft, hoffentlich aber viele Paare bei denen es besser läuft. Ich aber kann nur für mich oder besser gesagt für uns sprechen. Ein Alltag mit zwei Kindern ist anstrengend, da kommt man einfach immer wieder an seine Grenzen und wird getriggert ohne Ende. Es ist eine Belastungsprobe! Aber es ist auch eine echte Lebensaufgabe, die man GEMEINSAM meistern kann. Es schweißt zusammen und es macht stärker, bei jedem Erfolg den man erlebt. 

Ob mit oder ohne Kinder, ob Mann, Freund, beste Freundin oder Mitbewohner, ich glaube jeder von euch hat sich schon das ein oder andere Mal im Ton vergriffen. Es gibt ja das schöne Sprichwort "wie man in den Wald hinein ruft..." und ich glaube das trifft es sehr gut. Jeder von uns möchte mit Respekt behandelt werden. Aber warum ist es manchmal so schwer andere zu respektieren oder hat das Vergreifen im Ton überhaupt nichts mit mangelndem Respekt zu tun und ist nur willkürlich? Eigentlich trifft es doch immer wieder die gleichen Menschen oder? Diejenigen, bei denen wir wissen, sie verzeihen einem weil wir ihnen so wichtig sind. Weil sie uns vertrauen. Sollte dieses Vertrauen aber nicht eigentlich gestreichelt werden und nicht angefaucht? Vielleicht brauchen wir hier einen Dirigenten, der uns wieder die richtige Melodie beibringt? Es ist schwierig, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Ich weiß das zu gut, da ich es seit zwei Jahren extrem ausübe. In Jobcoaching, spirituellen Coachings, bei Journalingfragen, in einer Therapie und mit ganz ganz viel reden und reflektieren. Und ich bin irgendwo, aber noch so weit entfernt von meinem Ziel. Ich bin aber immer wieder stolz auf die kleinen Schritte. Und vielleicht muss man sich diese einfach immer wieder vor Augen halten. Vielleicht muss man einfach lernen die Alltagsprobleme einfach direkt in dem Moment bei demjenigen abzuladen den sie betreffen und einfach dort zu lassen. Vielleicht sollte man dem Großen Ganzen auch einfach nicht soooviel Bedeutung zukommen lassen. Und vielleicht... sollten wir uns einfach am Ende nicht selbst so streng verurteilen, wenn wir uns doch mal wider im Ton vergreifen. Dann lieber über den eigenen Schatten springen, den anderen an die Hand nehmen und sich entschuldigen. Man ist schließlich nur ein Mensch.

 

 

**für jeden der sich gefragt hat, was es mit diesem Bild auf sich hat: Das ist ein präpariertes Klavier nach John Cage. Entstanden ist dieses Foto 2008 an der MLU Halle Wittenberg im Rahmen einer Studienarbeit.

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